15. April 2025, 11:17
4. April 2025. Das neue Frühlingsgrün in Vietnam freut sich über Wärme und Sonne, und so gab es keinen besseren Zeitpunkt für die Einladung der Behörden, weitere Bären zu retten, als gerade diese Woche. Blitzschnell verstummten die Gespräche und es wurde gehandelt, wir fuhren in die Büros der Waldschutzbehörde Hanoi zu den Beamten, die drei Bären von zwei Bärenfarmen abtransportiert hatten, nachdem die Farmer sie freiwillig herausgegeben hatten.
Das Team bespricht vor Beginn der Rettung letzte Einzelheiten.
Die Farmen befanden sich in der berüchtigten Bastion der Bärengallefarmen – in Phung Thuong im Umland von Hanoi -, und wir waren erleichtert, dass wir wieder dorthin fahren konnten. In den letzten Monaten waren die Behörden landesweit reorganisiert worden, was dazu geführt hatte, dass solche Rettungen sich verzögerten. Doch jetzt konnten wir optimistisch davon ausgehen, dass die Behörden sich weiterhin an die Beschlagnahme der Bären und an den Geist unserer Absichtserklärung halten würden und dass wir gemeinsam die Bärengallefarmen in Vietnam schließen können.
Der Leiter der Waldschutzbehörde Phung Thuong begrüßt Jill, Heidi, Trinh und das Team bei Ankunft auf dem Gelände der Behörde, auf dem die Bären untergebracht sind.
Als wir kurz nach 7 Uhr früh das Bürogebäude erreicht hatten, wurden wir sofort von dem einzigartigen Mr. Ha begrüßt, dem Leiter der Einheit 5 der Waldschutzbehörde Hanoi, der trotz des Umstands, dass er und seine Kollegen eine ganze schlaflose Nacht hindurch bei den Bären gewacht hatten, von einem Ohr zum anderen grinste,.
Kaum hatten wir uns von der Überraschung erholt, wurden unsere Direktorin für Vietnam, Heidi, unser Bären- und Tierarztteam und ich auch schon von Mr. Ha gebeten, die Bären kennenzulernen, die fast 20 Jahre lang auf den Farmen in Käfigen zugebracht hatten.
Unser erster Eindruck von den Bären in der Obhut der Waldschutzbehörde – Bud schläft noch in Narkose wegen des Transports an diesem Morgen.
Gleich hinter ihm befand sich ein Käfig mit einem sehr schläfrigen Bären, der im Morgengrauen betäubt und von der Farm hierhergebracht worden war. Auf den ersten Blick sah er erstaunlich wohlbehalten aus, doch wir wissen, dass wir in Anbetracht jahrelanger Galleextraktionen niemals zu optimistisch sein dürfen, was die Gesundheit eines Bären angeht. Hoffnungsvoll blickten wir auf den Bären, von dem wir sicher waren, dass es sich um ein männliches Tier handelte – groß und stark, auf jungenhafte Art gutaussehend, und wir nannten diesen Bären Bud („Knospe“), nach den vitalen Kräften des Frühlings.
Gleich hinter Bud gab es noch zwei Käfige mit zwei temperamentvollen Bärinnen, die wir – wieder zu Ehren des Neubeginns im Frühling – kurzentschlossen Bloom („Blüte“) und Sprout („Spross“) tauften. Alle drei Bären befanden sich nun in sicherer Obhut in den Wildtierkäfigen der Waldschutzbehörde, und jetzt stand unser Tierarzt- und Bärenpflegeteam vor der Herausforderung, sie für die zweitägige Heimreise mit dem LKW ohne Narkose in unsere eigenen Transportkäfige zu verlegen.
Bud wird von Tot, einem Mitglied des Rettungsteams, für die Heimreise nach Bach Ma vom Käfig der Waldschutzbehörde in den Transportkäfig von Animals Asia gelockt.
Es dauerte zwar ein bisschen, aber Bud und Bloom wurden schließlich von unserem einfallsreichen und geduldigen Team in die Käfige gelockt. Tot und Nhung erwiesen sich als besonders ruhig und professionell, sie gewannen mit ein bisschen Hilfe in Form von Karamellsauce und Himbeerpüree das Vertrauen der Bären, die jetzt vorsichtig auf den Lastwagen verladen wurden.
Nach dem Wechsel in den Transportkäfig wird Bloom aus dem Gebäude gebracht und kann auf den LKW geladen werden.
Die arme Sprout war unterdessen sehr gestresst, und trotz ganzer Bündel von kleingehackter Bananen, mit denen sie in den nächsten beiden Stunden sanft von Käfig zu Käfig gelockt werden sollte, blieb sie zu nervös und verharrte stur in dem Käfig, in dem sie sich befand. Die Tierärztinnen Huong und Han entschieden, dass der Käfig der Behörde stabil genug war und die nötige Sicherheit bot, um Sprout unterwegs zu füttern und sauber zu halten, und so wurde auch sie auf den LKW verladen.
Bloom wird zur Verladung zum LKW gebracht.
Bald schon winkten wir Mr. Ha und den Beamten zum Abschied zu, während wir der Reihe nach in den Bus stiegen, um unseren drei neuen Bären ins ihr neues Zuhause im Nationalpark Bach Ma in Zentralvietnam zu folgen.
Der Lastwagen von Animals Asia – ein sicherer Ort für die Bären auf dem Weg nach Hause.
Die nächsten beiden Tage vergingen wie im Flug. Die engagierten Bärenpfleger unter Leitung der Leiterin unseres Rettungszentrums Bach Ma, Thuy, hielten alle zwei, drei Stunden an, um den Bären Wasser zu geben, sie zu füttern und sauber zu halten und um alles zu notieren, was ihnen an jedem einzelnen auffiel. So dokumentierten sie, ob die Bären Nahrung zu sich nahmen oder Trockenfutter übrigließen, wie ruhig oder reaktionsbereit sie waren, um zum Beispiel in Erinnerung zu behalten, ob einer von ihnen Karotten mochte oder die andere lieber Birnen. Diese Notizen sollten nicht nur unterwegs, sondern auch nach Ankunft im Rettungszentrum eine Stütze sein und zur weiteren Versorgung beitragen.
Unterwegs wurden Pausen eingelegt, um die Bären mit Wasser und Nahrung zu versorgen und zu überprüfen, ob sie wohlauf waren.
Hinten auf dem Lastwagen konnten wir hören, wie Bud jetzt, da die Narkose nachgelassen hatte, Laute ausstieß und sich bewegte. Tierärztin Han hatte sich vorgenommen, Buds Geschlecht festzustellen, und so konnten wir jetzt fast sicher sein, dass Bud tatsächlich eine Bärin war. Als diese Nachricht die Runde machte, grinsten alle etwas verlegen, da diese prachtvolle, jungenhafte Bärin fast das gesamte Team an der Nase herumgeführt hatte.
Unsere Bärin Bud beim Verladen.
Während wir unterwegs immer wieder pausierten, um die Bären zu füttern, fragten wir uns, was sie wohl davon hielten. Zuvor auf der Farm konnten Gruppen von Menschen in der Nähe für sie nur eines bedeutet haben – die schmerzhafte Extraktion ihrer Galle. Jetzt kündete die Menschenansammlung lediglich davon, dass sanfte Stimmen zu hören waren, dass Wasserschalen gefüllt wurden und dass ein reichhaltiges Angebot von Drachenfrüchten, Äpfeln, Karotten, Orangen, Bananen und Hundetrockenfutter zu erwarten war.
Bärenpflege unterwegs alle zwei bis drei Stunden.
Sprout befand sich auf dem Lastwagen ganz hinten, wo sich die Türen zur Welt draußen öffneten, und übernahm die Rolle einer Torwächterin – sie schnaufte warnend, wenn unser Bärenpflegeteam geschickt hineinsprang und mit der Zerkleinerung des Futters begann. Nach wenigen Sekunden wandten sich alle drei Gesichter neugierig den leckeren Gerüchen zu, denn irgendetwas sagte den Bären, dass diese seltsamen, doch verlockenden Köstlichkeiten alle für sie waren. Nasen schnupperten forschend, Futterschalen wurden geleert, und wir konnten sogar zufrieden feststellen, dass Meilensteine ihres Genesungswegs erreicht waren und zum Beispiel der Kot normal aussah!
Alle drei Bären haben trockene, rissige Ballen, nachdem sie jahrelang nur auf Käfiggitter gestanden hatten.
Erste Beobachtungen ergaben, dass Bloom Wunden am Kopf hatte, die daher stammten, dass sie sich am Gitter ihres Farmkäfigs gerieben hatte, und alle drei Bären hatten rissige und schwielige Ballen, nachdem sie jahrelang nur auf Gitterstäben gestanden hatten. Spätere gesundheitliche Untersuchungen werden unweigerlich mehr zu Tage fördern, doch vorerst sind die Bären in guter Stimmung, neugierig und munter – und am Leben.
Auch am zweiten Tag ging es ihnen gut. Offenkundig behielten sie uns vorsichtig im Auge, wenn sie ihr Futter zu sich nahmen, doch vielleicht schon ein klein bisschen weniger misstrauisch als zuvor. Wir wussten, dass es noch ein Weilchen dauern würde, bevor sie Menschen zum ersten Mal vertrauten, doch inzwischen war es schon etwas ganz Besonderes zu sehen, wie sie Futter erkundeten, das sie nie zuvor geschmeckt hatten. Sprout holte sich skeptisch ein Stück Drachenfrucht aus ihrer Schale und legte es auf den Rücken der Pfote, die ihr als „Teller“ diente. Und schnupperte. Als sie schließlich sicher war, dass dieser Brocken essbar war, langte sie mit Appetit zu. Ich musste lächeln bei dem Gedanken, dass sie einst, wenn sie solche Leckereien erst jeden Tag bekommen und ihre Selbstsicherheit wiedergekehrt ist, höchstwahrscheinlich wählerisch in Bezug auf ihr Futter werden!
Und was müssen sie gedacht haben, als alle Menschen wieder vom Lastwagen hinuntersprangen? Nichts tat ihnen weh, der Bauch war voll, dann schlossen sich die Türen, und die Fahrgeräusche wiegten sie wieder in den Schlaf.
Bud, Bloom und Sprout kommen in unserem Rettungszentrum Bach Ma an.
Endlich rollte der Lastwagen an dem Abend aufs Gelände des Rettungszentrums Bach Ma. Und wieder fragte ich mich, was in aller Welt die Bären wohl davon hielten. Von einer schmuddeligen Bärenfarm in einer lauten Straße Hanois in den Wald des Nationalparks, wo der Chor der Languren lärmte, Vögel sangen und die ganze Natur rundherum zu sehen und zu riechen war.
Bloom kommt in die Quarantänezone in Bach Ma, wo die drei Bären Zeit haben, sich an ihre neue Umgebung zu gewöhnen.
Ich glaube, wir alle vergossen eine Träne, als Bärenmanagerin Ellie und das Team die Bären routiniert vom Lastwagen lud und sie in die Quarantäne brachte. Hier werden sie 30 Tage verbringen, versorgt, verstanden und geliebt, bis wir sie schließlich mit neuen Freunden zusammenbringen und sie ihre Pfoten, die die Gitterstäbe leid sind, auf süßes, erdiges Gras setzen können.
Bud wechselt in ihren Quarantänekäfig von doppelter Größe über – der erste Schritt auf dem Weg ihrer Genesung.
Im Laufe dieser beiden bemerkenswerten und emotionalen Tage dankte ich dem Himmel für ein Team, das sich ganz auf diese drei an Körper und Geist gebrochenen Bären konzentrierte. Professionell, reibungslos und immer lächelnd, während alle gemeinsam diese Bären in gute Obhut nehmen. Bud, Bloom und Sprout sind zu Hause.
Und wir danken allen Regierungsstellen Vietnams, die den Buchstaben des Gesetzes Nachdruck verleihen und diesen Tieren dabei helfen, sich endlich auf den Weg von den Farmen in die Freiheit zu begeben.
Wir danken Mr. Ha, Mr. Linh und dem Team der Waldschutzbehörde von Phung Thuong, deren unermüdliche Arbeit zu dieser Rettung führte.
Und nicht zuletzt danken wir zutiefst all denen, die diesen Blog lesen und uns geholfen haben, 703 Bären zu erreichen und zu retten, sowie denjenigen, die uns dabei helfen werden, noch weitere Bären zu befreien. Unser gemeinsames Versprechen rückt seiner Einlösung näher…, und kein Bär bleibt zurück.
Frühlingsglück und die Rettung von Bloom, Bud und Sprout
April 15, 2025
Weihnachtsspaß in unseren Rettungszentren
Dezember 19, 2024
Tierquälerei im Tourismus muss ein Ende haben – es ist höchste Zeit für #ReisenMitFreundlichkeit
Juli 23, 2024
Juni 06, 2024