4. Oktober 2023, 17:15
Eine Stunde. So lange brauchten unsere beiden neuen Familienangehörigen, um ihre ersten tapferen Schritte aus den Käfigen heraus zu tun, in denen sie 21 Jahre lang eingesperrt waren. Jetzt betraten sie unsere Transportkäfige, um die Reise in ein neues und sicheres Leben anzutreten.
Armstrong und Buzz verbrachten zwanzig Jahre in diesen Käfigen, in diesem Schuppen.
Wenige Minuten zuvor hatte sich der früher stumpfe Blick der Bären vor Erstaunen geweitet, als ihnen Marmelade, Joghurt und Honig angeboten wurde, um sie davon abzulenken, dass man die Käfige miteinander verband, und um sie dann freundlich dazu zu bewegen, ein paar Schritte mehr zu tun, als es ihnen zwei Jahrzehnte hindurch möglich gewesen war: von einem Farmkäfig in einen Rettungskäfig.
Armstrong wird mit köstlichen Leckereien in den Transportkäfig gelockt.
Ich musste Tränen wegblinzeln, als sie sich näherten, erst vorsichtig, dann mutig, aus der Dunkelheit ins Licht… Das ist unsere Mondbärenmission vom Ende der Bärengallefarmen in Vietnam. Und jetzt werden Armstrong und Buzz schon bald die ersten Bären sein, die ihre ersten Schritte auf dem Grund und Boden unseres neuen Rettungszentrums im Nationalpark Bach Ma tun..
Buzz ist bereit, die dunklen Tage hinter sich zu lassen.
Wie die Mondlandung 1969 war auch dieser Tag von unserem Team mit Präzision und Expertise sehr sorgfältig vorbereitet worden. Tuan Bendixsen, unser herausragender Direktor für Vietnam, hatte wieder Wunder vollbracht, und so standen wir dann am Montagmorgen um 7:30 Uhr vor der Tür der Farm, schüttelten beim lotusgrünen Tee den Vertretern der staatlichen Waldschutzbehörde aus Hanoi und Phung Thuong die Hände, außerdem dem Bärenfarmer und seiner Familie, die sich einverstanden erklärt hatten, ihre letzten beiden Bären herauszugeben.
Gleichzeitig nahm unser fachkundiges Bären- und Tierarztteam unter Leitung von Viet (Bärenmanagement) und Ngan (Veterinärmedizin) Schuppen und Bären in Augenschein und prüfte die Sachlage, bevor beide Mondbären dann abgelenkt und die Käfige für unsere historische Mission in Stellung gebracht wurden.
Zu den Vorbereitungen des Teams gehört auch, die Bären entspannt zu halten und von den Aktivitäten abzulenken, die sie in Stress versetzen könnten.
An diesem bedeutsamen Tag standen wir mitten im Brennpunkt der Bärengallefarmen, einem Dorf in Hanoi, in dem auf 16 Farmen noch etwa 100 Bären leben und die Qualen der Galleextraktionen erdulden.
Trotz der langen Fahrt, die noch vor uns lag, waren wir froh über Freunde an höherer Stelle. Im Hintergrund lächelte Mr. Ha, der Leiter der örtlichen Forstbehörde, der mit Tuan und seinem Team freundlich zusammengearbeitet hatte, um dabei zu helfen, die letzten beiden Bären auf dieser Farm zu beschlagnahmen. Gern stellte er sich der Kamera und betonte, dass er und seine Abteilung auch weiterhin mit Animals Asia kooperieren würden. Die Beamten sind optimistisch, dass die Bärenfarmen bis 2026 geschlossen werden können. Und damit das geschieht, benötigen wir die Mittel, um den Bau des neuen Rettungszentrums fertigzustellen.
Mr Ha, Leiter der örtlichen Fortbehörde, freut sich zusammen mit Tuan, dem Direktor für Vietnam, und mit Jill über die Rettung.
Als Armstrong und Buzz in den Sonnenschein hinausgerollt wurden und in einen klaren, blauen Himmel hinaufblinzelten, erblickte ich vielleicht einen Funken Neugier und Hoffnung anstelle der vorherigen Hilflosigkeit. Sie hatten sich nie zuvor von der Sonne wärmen lassen, sie waren nie vom Regen gekühlt worden, und sogar die Luft, die sie ein monotones Jahr um das andere geatmet hatten, war abgestanden gewesen. Nun lag das alles hinter ihnen, und bald befanden wir uns auf dem Weg in die Freiheit auf einer Reise, die knapp zwei Tage dauerte.
Armstrong beginnt seine Reise in ein neues Leben, wie es jeder Bär verdient.
Pausen unterwegs gaben Viet und Assistenztierärztin Han sowie dem Team Gelegenheit, die Verfassung der Bären etwas gründlicher zu untersuchen. Ihre Zähne waren grau und mit Zahnstein bedeck, ihre Krallen dick und viel zu lang. Schütteres Fell, am Kopf Wunden vom ständigen Anstoß am Gitter beim Hin- und Herwiegen, und nervöse Seitenblicke, die von lebenslangem Misstrauen kündeten. Dem Unterleib fehlte bei beiden nichts, auf den ersten Blick, doch nur eine Ultraschalluntersuchung in unserem Hospital kann zum Vorschein bringen, wie es nach zwei Jahrzehnten der Galleextraktionen auf der Farm um ihre Galleblasen steht.
Assistenztierärztin Han gibt den Bären frisches, gesundes Futter und überwacht auf dem Weg nach Hause ihren Gesundheitszustand.
Han wies auch auf die stark verhornten Ballen der Hinterpfoten von Buzz hin, die Erklärung des Umstands, dass Buzz sie beim Wechsel von einem Käfig in den anderen nicht sehr belastet hatte. Jetzt bei Licht boten sie einen grauenhaften Anblick, dickes, verkalktes Gewebe hatte aufgrund des Stehens in einem Käfig in alle Richtungen wuchern können – und im Käfig waren die Gitterstäbe, auf denen sie gestanden hatte, tatsächlich abgenutzt und schadhaft nach Jahren der stressbedingten immer gleichen Bewegungen hin und her.
Zum Glück schienen die Probleme, die wir feststellten, weder Armstrong noch Buzz besonders zu schaffen zu machen. Ihr Anliegen auf dieser Reise bestand darin, alles, was wir ihnen an neuem und neuartigem Futter anboten, eifrig zu verschlingen. Frische Äpfel, Süßkartoffeln, Papaya, Drachenfrucht, Hundetrockenfutter und Bananen. Und als es eine halbe Ananas gab, wusste die arme Buzz gar nicht, wo sie anfangen sollte, und zerrte zunächst ganz zufrieden am harten, grünen Strunk.
Eine Bananenleckerei für Buzz, die bereits lieber Obst als Hundetrockenfutter mag.
Auch das trieb mir die Tränen in die Augen, zeigte es doch, wie dankbar sie für die kleinsten Zuwendungen waren. Dankbar für Wasser, dankbar für Duschen, dankbar für einen Ananasstrunk.
Kühle und erfrischende Duschen sorgen dafür, dass Armstrong und Buzz unterwegs glücklich sind.
Gegen 19:00 Uhr steuerten wir ein Hotel an und sorgten dafür, dass die beiden für die Nacht den Bauch voller Futter hatten. Wir lächelten bei dem Gedanken und bei dem Versprechen, dass sie in unserer Obhut nie wieder Hunger leiden würden.
6:00 Uhr: Diese Bären zeigen uns ihre genauen Vorlieben sehr rasch, und es ist eine Freude zu entdecken, dass Armstrong sein Hundetrockenfutter LIEBT und jeden kleinen Brocken mit Lichtgeschwindigkeit verschlingt, ehe er sich Obst und Gemüse zuwendet. Buzz macht sich nichts besonders viel aus dem Trockenfutter, schätzt aber Möhren und Äpfel – ihren Ananasstrunk nicht zu vergessen.
Bärenmanagerin Ellie gibt Buzz Futter und Medikamente, um den Schmerz in ihrer Pfote zu lindern.
Später gab es als Vormittagsüberraschung eine kühlende Dusche, und dazu wurden sie mit weiteren Obsthappen verwöhnt. Unsere wundervolle Tierärztin Han schaffte es, sich bei beiden Bären die Zähne noch einmal anzusehen, als sie das Maul weit öffneten, um große Stücke Wassermelone entgegenzunehmen. Sie teilten sich auch einen ganz besonderen Neuseeland-Apfel, den mir Tuan gegeben hatte – so viele erste Male.
Wir freuen uns sehr, dass Mr. Linh bei dieser Rettung dabei war, der stellvertretende Leiter der Waldschutzbehörde von Phung Thuong. Zum ersten Mal begleitete uns ein Regierungsvertreter auf einer Rettungsreise, und es war schön, ihn lächeln zu sehen, glücklich, dass er für das Versprechen der Regierung steht, die Bärenfarmindustrie in Vietnam abzuschaffen.
Seine Worte sprechen Bände für den Eindruck, den die Regierung von unserem Team gewonnen hat:
„An dieser Tour persönlich teilnehmen zu können, hilft mir dabei zu verstehen, wie schwer Ihre Arbeit ist, wie professionell das Team vorgeht. Von Anfang an, bei der Übernahme der Bären… liegt Ihr Hauptaugenmerk auf den beiden Bären, um dafür zu sorgen, dass sie sich für die Reise nach Hause in bester Verfassung befinden.“
Es ist schwer, an diesem Tag nicht optimistisch zu sein, trotz der Tatsache, dass noch beinahe 300 Bären in Käfigen eingesperrt sind. Uns wurde versprochen, dass die Rettungen weitergehen -, und dank der Fertigstellung der ersten Bauphase unseres zweiten Rettungszentrums werden wir alles tun, was für können, um uns der Herausforderung zu stellen und 2024 noch weitere 60 Bären zu retten.
Und so bitte ich Sie hiermit: Helfen Sie uns dabei, die zweite Bauphase unseres Rettungszentrums in Bach Ma fertigzustellen, damit gewährleistet ist, dass die noch eingesperrten Bären des Landes gerettet werden können. Obgleich wir das nötige Fachwissen und die Entschlossenheit mitbringen, die diese Mondbärenmission verlangt, verfügen wir doch nicht über ein Budget wie die NASA. Und so bitten wir Sie, tief in die Tasche zu greifen und die Botschaft weiterzuverbreiten, dass Bären in Not wie Armstrong und Buzz nur dann zu helfen ist, wenn Häuser gebaut werden, in dem die Bären, die noch zurückgeblieben sind, unterkommen können.
In den letzten Stunden der Reise, als die Sonne Regen wich, schaute ich mit unbeschreiblichem Stolz dabei zu, wie Viet und das Team eine schwere grüne Plane vorn über den Lastwagen zogen, um Armstrong und Buzz trocken zu halten. Ich fragte mich, ob die Bären dem Geruch feuchter roter Erde und funkelnder grüner Bäume um sie herum nachschnupperten, als wir in Richtung Bach Ma immer höher hinauffuhren.
Buzz ist bald zu Hause und schaut hinaus in eine ganz neue Welt.
16:30 Uhr: An der Grenze zum Nationalpark dringt die Sonne jetzt durch flauschige, weiße Wolken, und diese atemberaubende, pulsierende Welt ist jetzt auch die Welt der Bären. Wir fahren durch das Tor den lächelnden Gesichtern eines Teams entgegen, das seine Aufregung und seine Gefühle ganz offen zeigt, während es die ersten beiden Bären daheim in unserem Bärenrettungszentrum Bach Ma begrüßt und voller Stolz den Umstand feiert, dass diese eine vietnamesische Rettung durch ein vietnamesisches Team ist.Das Rettungsteam – Bärenmanager Viet und Assistenztierärztin Han – weist das Empfangsteam im Rettungszentrum Bach Ma ein, bevor es Armstrong und Buzz in seiner Obhut willkommen heißt.
Tief empfundener Dank von allen bei Animals Asia und Unterstützern und Freunden in aller Welt, die diese Reise verfolgen, an alle Beteiligten: an jene vor Ort in Hanoi, Tam Dao, Phung Thuong und Bach Ma, bis hin zu denen, die von fern dabei sind, in Vietnam und überall in der Welt. Wir haben eine Flut von ersten Malen für Armstrong und Buzz miterlebt.
Ihr erster Gang in einen neuen Käfig, ihr erstes Knabbern an köstlichem Obst und Gemüse, ihre ersten richtigen Medikamente, ihre erste Reise durch das halbe Land und ihr erster Anblick und die Gerüche eine Rettungszentrums, das den Bärengallefarmen in Vietnam für immer ein Ende macht.
Armstrong geht in eine 30-tägige Quarantäne, nach der er hoffentlich bereit sein wird, sich in die neu gewonnene Freiheit zu stürzen.
In einem Universum der ersten Male ist es sicherlich jetzt der richtige Augenblick, um zu würdigen, dass in dieser Woche ganz Ähnliches stattgefunden hat wie vor 50 Jahren, als Neil Armstrong und Buzz Aldrin die Mondoberfläche erkundeten: ein kleiner Schritt für einen Mondbären, ein gewaltiger Sprung für die Spezies der Mondbären.
Bitte helfen Sie uns weiterzumachen, bis kein Bär zurückgeblieben ist.
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