5. Mai 2016, 17:06
„Jill, es tut mir leid...” als unsere Tierärztin Eddie diese fünf Worte unter Tränen an mich richtete, wusste ich, es ist an der Zeit von unserem schönen Bären Abschied zunehmen. Ich brauchte einige Minuten, um die Nachricht sacken zu lassen. Bitte nicht Jasper – nicht der Bär, der vor 15 Jahren in dem barbarischen Presskäfig ankam, der ihn Zeit seines Lebens auf dem Rücken hielt. Nicht dieses Opfer der Bärengallefarmen, das mit unzähligen Infektionen rund um seinen Metallkatheter zu kämpfen hatte. Nicht der Bär, der sogar während er unglaublich litt, seine Tatze aus dem Käfig streckte, um mich zu berühren.
Und jetzt lag er da auf dem Operationstisch. Er wirkte klein und verletzlich, als Eddie begann seinen Leib operativ zu öffnen, um einige ältere Ultraschallergebnisse zu überprüfen. Was sie fand war ein Tumor.
Zu unser aller Schock hatte der Tumor nichts kleines oder verletzliches, sondern war bereits so groß, dass er den gesamten rechten Leberlappen einnahm. Er war enorm, aggressiv und mit einem Eigenleben ausgestattet, dass ihn zu unfassbarer Größe innerhalb von nur drei Monaten heranwachsen ließ.
Als uns die Bedeutung dessen bewusstwurde, konnten wir kaum fassen, dass sich Jasper bis zu diesem Zeitpunkt wie ein nahezu gesunder Bär verhalten hatte. Er spielte mit Freunden, badete in der Sonne und genoss sein heißgeliebtes Gehege. Erst vor kurzem hatten wir noch über ihn gelacht, als Nic, unser Bären-und Vet-Team Direktor, ihn mit getrockneten Früchten fütterte. Jasper verspeiste Kiwis, Ananas und Datteln beglückt, doch für die Bananen hatte er wie stets nur einen verächtlichen Blick übrig.
Der einzige Grund, weshalb er heute auf dem Operationstisch lag war, dass der Ultraschall vor drei Monaten leicht von der Norm abgewichen war: Zwei sehr kleine Knötchen nahe seiner Gallenblaseüberbleibsel. Nichts hatte damals dafürgesprochen, sich ernsthafte zu sorgen. Im Nachhinein könnte man denken, er wäre etwas wählerischer mit seinem Essen gewesen. Einen Tag aß er viel, den anderen kaum. Andererseits ist schwankender Appetit bei kühlen Temperaturen für Bären normal. Als das Wetter besser wurde und Jasper dennoch wählerisch blieb, entschlossen wir uns für den erneuten Gesundheitscheck.
Und da waren wir: Von Angesicht zu Angesicht mit einem 1,4 Kilo schweren und 14cm x 14cm großen Tumor. Kein gesundes Stück Leber war mehr zusehen und das Organ selbst auf die geschätzt zehnfache Größe angeschwollen. Eine Art von Tumor, die wir leider bereits allzu oft sehen mussten. Denn dieser Teil der Leber ist eng mit der Gallenblase verbunden. Die Gallenblase wiederum ist aufgrund des jahrelangen Missbrauchs bei den Opfern der Gallefarmen schwer verstümmelt. Der dort übliche Tumor ist hochgradig aggressiv und befällt nach dem er die gesamte Leber eingenommen hat meist auch andere Organe.
Es ist kein Zufall, dass wir rund 35 Prozent unserer Bären an genau diese Art von Tumor verloren haben – und noch ein weiterer Grund, weshalb besonders bei den geretteten Bären reguläre Gesundheitschecks unumgänglich sind.
Bei all unserem Kummer um Jasper gilt unsere Trauer aber auch all jenen Bären, die noch immer auf den Gallefarmen feststecken. Jene, die keine liebevollen Menschen um sich haben, die erst Krankheitsanzeichen zu deuten versuchen, um schlimmeres zu verhindern. Wäre unseren hingebungsvollen Bären-Team-Mitarbeitern nicht aufgefallen, dass Jasper ein paar Kekse weniger verspeist, so hätte der Krebs sich noch über Monate hinweg in Jaspers Körper fressen können, um ihn letztlich unter starken Schmerzen freizugeben.
Bedenkt man, dass immer noch mehr als 10.000 Bären in ganz China auf Bärengallefarmen missbraucht werden, kann man sich sehr gut vorstellen, dass genau in diesem Moment viele namenlose Bären ebenfalls unter den Qualen eines solchen Tumors leiden. Wenn wir bereits solche Krebsauswüchse bei unseren behüteten Bären sehen, was mag dann erst in den Körpern vieler der gefangenen Tiere vorgehen.
Uns allen brach es das Herz: unserem weltweiten Team und vor allem jenen im Rettungszentrum von Chengdu sowie Jaspers liebevollen Sponsoren Anthony und Shashanna. So oft habe ich gehört, wie man über Jasper sagte, er sei unzerstörbar. Er war einer unserer berühmtesten Bären, der es auch sichtlich genoss im Rampenlicht zu stehen.
Die Geschichten von Kameraleuten, die kamen, um ein paar allgemeine Bilder und Aufnahmen von Bären zu machen, sind legendär. Denn nur allzu oft kamen sie zurück und fragten nach dem Bären mit den gelben Augenbrauen, der all ihre „allgemeinen“ Aufnahmen torpedierte, in dem er sich stets fröhlich vor die Linse drängte.
Bereits zwei Bücher wurden über diesen außergewöhnlichen Bären geschrieben und unzählige Geschichten und Fernsehbeiträge stellen ihn besonders heraus. Fortwährend war er im Zentrum des Geschehens: sei es verstrickt mit seinen Freunden in einem spielenden Bärenknäul oder wie noch letzten Samstag, indem er am Tag der offenen Tür unsere Besucher durch seine lustigen Grasrollaktionen bezirzte.
Er war ein beispielloser Bär und dennoch das beste Beispiel dafür, dass jeder Bär den wir retten auch genau dasselbe für uns tut. Oftmals ging ich an schlechten Tagen zu ihm, genoss das harmonische Stillschweigen mit meinem schönen, gelbbrauigen Freund und erfreute mich an seinen köstlich lächerlichen Micky-Mouse-Ohren. Unterstützer und Prominente liebten es gleichermaßen Jasper kennenzulernen – und auch er freute sich stets über neue Gesellschaft. Ich glaube er war der einzige Bär, der wirklich seinen Namen verstand. Wie oft mussten wir schmunzeln, wenn er dann – seinen Namen hörend – vom hintersten Ende seines Geheges herangeschlendert kam, um sich ein paar „illegale” Leckereien abzuholen.
Der Operationssaal war überfüllt von unseren Mitarbeitern, als Jasper am Donnerstag seinen letzten Atemzug auf dem OP-Tisch tat – alle wollten sie ihn auf diesem Letzen Weg begleiten. Seine Beerdigung fand noch am selben Tag statt. Sie war tieftraurig und dennoch sah ich ein paar lächelnde Gesichter als unser gigantisches Mondbärenmodel „Moonie” still und respektvoll Jasper seine letzte Ehre erwies. „Moonie” wurde einst in Jaspers Namen angefertigt.
Jetzt ist Jasper bei unseren andere verstorbenen Bären. Sein Grabhügel ist enorm. Ich hatte unser Gartenbau-Team gebeten seinen Hügel ein wenig höher zu schichten, da er ein wirklich großer Bär war. Bekommen habe ich den Everest! Und trotz meiner Trauer muss ich darüber schmunzeln – denn ich bin mir sicher, Jasper hätte das auch getan.
Mein besonderer Dank gilt dem gesamten Team des Chengdu Rettungszentrums: Die letzten Tage waren getrübt von Kummer und Trauer und dennoch glänzte jeder einzelne, indem er alles getan hatte, um Jaspers Ableben mit einem gebührenden Lebewohl zu begehen.
Mein besonderer Dank gilt dem gesamten Team des Chengdu Rettungszentrums: Die letzten Tage waren getrübt von Kummer und Trauer und dennoch glänzte jeder einzelne, indem er alles getan hatte, um Jaspers Ableben mit einem gebührenden Lebewohl zu begehen. Auch den Bären, die Jasper in China und Vietnam zurückgelassen hat, möchte ich danken. Jeder von ihnen ist genauso besonders und geliebt wie er selbst und jeder von ihnen hat seinen ganz persönlichen Part in Jaspers Leben gespielt..
Auch den Bären, die Jasper in China und Vietnam zurückgelassen hat, möchte ich danken. Jeder von ihnen ist genauso besonders und geliebt wie er selbst und jeder von ihnen hat seinen ganz persönlichen Part in Jaspers Leben gespielt.
Obgleich wir uns von unserem Friedensstifter verabschieden, finden wir Trost in der Gewissheit, dass er das bestmögliche und glücklichste Leben bei uns hatte. Ich denke ich habe ihn niemals angeschaut, ohne schmunzeln zu müssen und vermisse in bereist jetzt schmerzlich. Dennoch bin ich dankbar für all die Freude, Freundschaft und Liebe, die er in unser Leben gebracht hat.
Nicht zu Letzt möchte ich mich bei den Menschen weltweit bedanken, die Jasper – dem Bärensuperstar – ihren Tribut zollen. Unser aller erster Bär Andrew ging aufgrund seiner Schönheit als Brett Pitt in die Annalen unseres Rettungszentrums ein, und im selben Atemzug nannten viele Jasper unser bäriges Pendant zu Jonny Depp.
In dieser Woche bitten wir jeden, Bärenumarmungen im Namen der Bären zu verteilen. Umarmen Sie Ihre Familie, Freunde, Kollegen, Lehrer, Katzen, Hunde und sogar die, die sie sonst nie umarmen würden. Denn über nichts hätte sich unser Bärenumarmungsexperte und Friedensstifter Jasper mehr gefreut.
Bitte machen sie diese Woche zu etwas Besonderem für unsere Arbeit und Mission. Denn wenn ein Bär dazu in der Lage ist, die Welt durch Umarmungen der Liebe und Hingabe zu verändern, dann ist es Jasper!
Bücher über Jasper (Englisch):
Jill Robinson und Marc Bekoff: Jasper's Story: Saving Moon Bears. http://sleepingbearpress.com/shop/show/11591
Nigel Gray: Saving Jasper. http://www.vividpublishing.com.au/savingjasper/
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