• RETTUNG UND REHABILITIERUNG

Rettung und Rehabilitierung

Die Bären

Viele der Bären, die bei uns eintreffen, befinden sich in entsetzlichem Zustand und leiden unter bedrohlichen Gesundheitsproblemen. Die meisten haben mit einer Gallenblasenentzündung und Bauchinfektionen zu kämpfen. Doch auch Herzerkrankungen, Leberkrebs, Blutvergiftung und Bauchfellentzündung gehören zu der Liste der Leiden vieler Bären. Einige sind vollständig oder teilweise erblindet. Bei anderen hat das Beißen auf den Gitterstäben und die schlechte Ernährung Spuren im Maul hinterlassen - ihre Zähne fehlen, sind abgebrochen, abgewetzt oder verfault. Außerdem haben viele bei ihrer illegalen Gefangennahme in der Wildnis Gliedmaßen verloren. Durch die ununterbrochene Qual der Beengtheit in viel zu kleinen Käfigen sind bei einem großen Anteil der Bären Körperteile verkümmert, entstellt oder durch Arthrose verkrüppelt. Extrem schwielige, erkrankte und deformierte Tatzen sind die Folgen jahrzehntelangem Stehens auf Käfiggittern. Ausgedehnter Haarausfall zeugt von endlosem Reiben an den Gitterstäben oder einem geschwächten Immunsystem. Viele Bären weisen außerdem Selbstverstümmelungen und stereotypes Verhalten auf. Nahezu alle sind zornig, verängstigt, mangelernährt und dehydriert.

Die Genesung unserer geretteten Bären ist ein langer Prozess, der viele Monate dauern kann. Dank der professionellen Fürsorge unseres Veterinär- und Verhaltensmanagement-Teams und der Betreuung unseres Bärenpersonals erholen sich jedoch fast alle Bären und werden zu lebhaften, fröhlichen Tieren. Aus verschiedenen Gründen können die Bären, die bei uns eintreffen, nie wieder in der freien Wildbahn ausgesetzt werden, sondern müssen für den Rest ihres Lebens in unserer Pflege bleiben. Die meisten zur Gallegewinnung ausgebeuteten Bären sind zu krank, um ohne Pflege überleben zu können, und haben in der Gefangenschaft, die sich über den größten Teil ihres Lebens erstreckte, die nötigen Überlebenskenntnisse verlernt oder nie erworben. Das Fehlen geeigneter Lebensräume - und die nachlässige Umsetzung von Bestimmungen zum Schutz von Wildtieren in den Ländern, in denen es noch wilde Bären gibt - bedeuten auch, dass die Bären nach einer Freilassung ernsthafte Gefahr laufen würden, für ihre Körperteile getötet oder erneut eingefangen und in die Qualen der Gallefarmen zurückgebracht zu werden.

Ankunft und Gesundheits-Checks

Wenn die Bären in unseren Rettungszentren eintreffen, werden sie zunächst in Erholungskäfigen untergebracht und in den Quarantänebereich verlegt. Dort bekommen sie Wasser und Futter und erhalten in Abhängigkeit von ihrem Zustand und dem Ausmaß ihrer Verletzungen eine Priorität für die Behandlung zugewiesen.

Gesundheits-Checks können entweder sofort oder mehrere Wochen nach dem Eintreffen der Bären, wenn sie stark genug für die Narkose sind, durchgeführt werden.

Die Gesundheits-Checks durch das Veterinärteam dienen der vollständigen Beurteilung des Zustands jedes einzelnen Bären. Mit Ultraschalluntersuchungen des Bauchs wird das Ausmaß der durch das Abzapfen von Galle verursachten Probleme bewertet. Darüber hinaus wird den Bären Blut abgenommen, die Zähne werden untersucht, die Ohren gereinigt, die Krallen geschnitten, in einigen Fällen Röntgenuntersuchungen der Gelenke vorgenommen und das Fell wird mit Parasitenschutzspray behandelt. Die Untersuchungen helfen, die Dringlichkeit etwaiger Operationen zu bestimmen.

Viele der in Chengdu eintreffenden Bären müssen größeren Bauchoperationen unterzogen werden, entweder zum Entfernen der im Abdomen implantierten primitiven Metallkatheter oder zum Reparieren des "offenen Kanals", aus dem die Galleflüssigkeit abgezapft wurde. Bei diesem chirurgischen Eingriff, der mitunter acht Stunden dauern kann, werden die Bären auch sorgfältig auf andere Leiden untersucht. Vielen muss die beschädigte Gallenblase entfernt, der ein oder andere Zahn gezogen oder sogar eine Extremität amputiert werden. Im Rettungszentrum in China werden die männlichen Bären außerdem sterilisiert, um Aggressionen während der Rehabilitation zu vermeiden und die Sozialisierung in der Gruppe zu fördern.

Während ihrer Rekonvaleszenz nach der Operation werden die Bären von unserem Veterinärteam streng überwacht und medikamentös behandelt. Bittere Antibiotika und Schmerzmittel werden dabei geschickt in dicken Fruchtshakes versteckt.

Der Weg zur Genesung

Alle Bären verbringen eine Quarantäne von mindestens 45 Tagen in Erholungskäfigen, wo sie sorgfältig untersucht und medikamentös behandelt werden. Hier können unsere Veterinär-Teams die Bären vor und nach der Operation aus der Nähe beobachten und dafür sorgen, dass sie ihre eventuell erforderlichen Medikamente einnehmen.

Während dieser Zeit kommen die Bären in den Genuss verschiedenster Beschäftigungsmittel – z. B. Äsungspflanzen, die sie fressen oder zum Bauen von "Nestern" verwenden können und Futterspielzeug aus Bambus oder strapazierfähigem Kunststoff, das mit Leckereien gefüllt ist. Die Erholungskäfige sind so geräumig, dass sich die Bären komfortabel bewegen können, und die Beschäftigungsgegenstände werden nach dem Rotationsprinzip täglich ausgetauscht, damit die Bären in dieser ersten Erholungsphase die erforderliche Stimulation erhalten.

Die Zeit in Quarantäne ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Bären zur Entlassung in die Behausungen und Gehege. Durch diese Vorbereitung kommen sie langsam wieder zu Kräften und gewinnen Zutrauen. Nach jahrelanger Einengung leiden viele Bären unter Arthritis und Muskelatrophie und sind körperlich zu geschwächt, um sich in einem Gehege voller Herausforderungen umherbewegen zu können. Auch mental kommen die Bären häufig nicht mit den Freiräumen zurecht und brauchen eine Weile, bis sie sich an ihre neue Umgebung gewöhnen und Zutrauen gewinnen.

Begegnung mit anderen Bären

Sobald die Bären stabil und gesund sind, leitet das Team die nächste Phase der Rehabilitation ein. Zunächst werden die Bären in eine eigene Behausung umgelagert, wo sie sich an das Leben auf größerem Raum und ihre Hängebetten zum Reinklettern gewöhnen können. Besonders pflegebedürftige Bären mit schweren körperlichen Behinderungen ziehen in einen speziell für ihre Bedürfnisse angelegten Bereich um.

Da aneinandergrenzende Einzelbehausungen über Schiebegatter miteinander verbunden sind, die es den Nachbarn erlauben, sich Nase an Nase kennen zu lernen, wird die Platzierung jedes Bärs sorgfältig unter Berücksichtigung seiner Bedürfnisse, seines Temperaments und seiner körperlichen Fähigkeiten sowie gemäß der Dynamik und Größe bereits vorhandener Gruppen gewählt. Während sich die Bären an ihre Behausung und Nachbarschaft gewöhnen, beobachten unsere Bärenmanager und das Bärenteam, wie sie auf ihre Artgenossen einwirken und reagieren, und planen die definitive Integration der Bären. In dieser Phase haben die Bären auch die Gelegenheit, ihre halbnatürlichen Gehege zu erkunden und sich im Klettern und der Futtersuche zu üben. Über die Integration eines neuen Bärs wird nachgedacht, sobald er spielerisch mit einem Nachbarbären umgeht.

Die Eingliederung neuer Bären in die Gruppe wird sorgfältig auf der Grundlage von Beobachtungen und Gesprächen geplant. Je nach Temperament wird jeweils ein Bär nach dem anderen integriert. Futter ist für die Bären ein starker Antrieb und der Wettbewerb um Futter kann zu Aggressionen führen. Deshalb erhalten die Bären vor der Integration größere Portionen als normal, damit sie auch richtig satt werden und ihre Aggressionsbereitschaft sinkt. Außerdem wird bei Eingliederung eines neuen Bären in die Gruppe für reichlich Spielzeug und Stroh zur Ablenkung gesorgt. Für den Beginn der Integration werden speziell ruhige, freundliche Bären ausgewählt. Sie erleichtern die Bildung einer soliden Grundlage, zu der nach und nach weitere Bären hinzugefügt werden können. In den meisten Fällen verläuft die Eingliederung reibungslos und viele Bären schließen dabei lebenslange Freundschaften.